LYING GAME Und raus bist du by Shepard Sara

LYING GAME Und raus bist du by Shepard Sara

Autor:Shepard Sara
Die sprache: deu
Format: mobi, epub
Herausgeber: E Books der Verlagsgruppe Random House
veröffentlicht: 2012-01-29T23:00:00+00:00


16 – Letzter Bus nach Vegas

Emma drängte sich durch die vollen Flure zu ihrem Schließfach. Der beißende Geruch des Theaterbluts hing ihr immer noch in der Nase. Aus dem Augenwinkel sah sie zwei Mädchen, die sie mit einer Mischung aus Angst und Bewunderung ansahen. Sie hörte aus ihrem Geflüster deutlich »Nisha« und »Tatort« heraus. Ein Typ im Fußballtrikot stand in der Tür des Schulrat-Zimmers und skandierte: »Ist ja irre! Ist ja irre!« Hatten sich die Details des Streichs bereits herumgesprochen? Warum fanden alle hier so etwas lustig?

»Hi, Sutton«, rief ein Mädchen Emma im Vorbeigehen zu, aber ihr Lächeln wirkte verzerrt und gehässig. »Wie geht’s, Sutton?«, rief ein Junge in Baggy-Jeans und Skaterschuhen. Bildete Emma sich das nur ein oder hatte seine Stimme wirklich einen harten, hasserfüllten Klang? Vielleicht hatte Sutton all diese Leute reingelegt. Und jeder Einzelne konnte ihr Mörder sein.

Sie eilte um die Ecke und stieß beinahe mit einer langen Gestalt zusammen, die einen großen Kaffeebecher in der Hand hielt. »Holla«, sagte der Junge und legte schützend die Hand auf den Deckel. Emma wich zurück. Vor ihr stand Ethan, der einen grauen Kapuzenpulli, armeegrüne Surfer-Bermudas und abgewetzte Converse Sneakers trug. Sein unnahbarer, mürrischer Gesichtsausdruck wurde freundlicher, als er sie erkannte. »Oh. Hallo.«

»Hallo«, antwortete Emma dankbar. Endlich ein freundliches Gesicht. Sie ging neben ihm den Flur entlang. »W… wie geht’s?« Sie versuchte, fröhlich zu klingen, aber ihre Stimme zitterte.

»Mir geht’s gut.« Ethan hielt mit ihr Schritt. »Und dir? Du siehst aus, als wärst du schon wieder dem Schwarzen Mann begegnet.«

Emma fuhr sich mit der Hand über den plötzlich schweißfeuchten Nacken. Auch ihr Herz klopfte ziemlich schnell.

»Ich bin bloß ein bisschen durch den Wind«, gab sie zu.

»Warum?«

Sie umrundeten die nächste Ecke, betraten die Lobby und wichen ein paar Kids aus, die bei der Vitrine mit den besten Keramikarbeiten der Schüler einen spontanen Breakdance-Wettbewerb veranstalteten. »Sagen wir mal, ich würde am liebsten die Schule schmeißen und mich irgendwo in einer Höhle verkriechen.«

»Geht es um den Nisha-Streich?«, fragte Ethan. »Beim Kaffeeholen habe ich zwei Mädchen darüber reden gehört«, fügte er hinzu und hob verlegen eine Schulter. »Muss ziemlich … schräg gewesen sein.«

Emma ließ sich auf eine Bank in der Lobby fallen. »Ja. Meine Freundinnen sind ein bisschen … zu weit gegangen.«

Ethan setzte sich neben sie, nahm ein Flugblatt, das für den Erntedankfest-Schulball warb, und zerknüllte es in seinen Händen. Sein Mund verzog sich zu einem sarkastischen Lächeln. »Findest du das ungewöhnlich? Ihr Mädels geht doch eigentlich immer zu weit.«

Emma hatte plötzlich einen Kloß im Hals. Charlottes Worte wurden in ihrem Kopf herumgeschleudert wie Klamotten in einem Trockner. Du hast schon wesentlich Schlimmeres angestellt, Sutton. War das etwa Sinn und Zweck dieses Spiels?

Sie schluckte mühsam und starrte abwesend auf eine große Vitrine neben dem Eingang zur Aula, in der ein Schild mit der goldenen Aufschrift In Memoriam hing. Schwarz-weiße Jahrbuchfotos mit den Namen und Todesdaten der verstorbenen Schüler waren darauf angeordnet. Suttons Name sollte auch dort stehen, dachte Emma. Sie fragte sich, ob ihr Mörder auch täglich durch diese Lobby spazierte.

Zwei Jungs spielten im Flur fangen, ihre Füße prallten mit lauten, hallenden Klatschern auf dem harten Boden auf.



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